Es ist heiß im Nordwesten Australiens. In der Region Kimberley herrschen das ganze Jahr über Temperaturen von mindestens um die 30 °C. Die ausgedehnten Savannen in dieser Gegend dienen seit jeher als Weideland für Rinder. Auf einer solchen Rinderfarm, abgeschieden im australischen Outback, arbeitet der 20-jährige Zac Mitchell als Viehtreiber.
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Nicht nur beruflich, auch privat ist der passionierte Rodeo- und Bullenreiter den Umgang mit den Tieren gewohnt. Weder bei seiner Arbeit noch in Ausübung seines Hobbys verletzte er sich jemals schwer – bis zum April dieses Jahres.
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An jenem Tag war es Zacs Chef, dem es als Erstem auffiel, dass sein junger Mitarbeiter blutverschmiert war. „Mein Boss schaute an mir herunter, sah das Blut und fragte mich, was da blutet“, erzählt Zac, der zunächst nicht begriff, was sein Chef meinte. Erst als er sich seine Hand ansah, verstand er, was geschehen war.
Kurz zuvor war Zac nämlich folgenschwer mit einem Stier aus der Herde zusammengestoßen. „Ich ging gerade die Rinder durch, da gab mir eines der Tiere einen mit und trat meine Hand gegen das Geländer.“ Der Tritt war so stark und Zac blieb mit seiner Hand so unglücklich hängen, dass sein Daumen abriss. „Mein Daumen hing noch am Geländer, als ich wieder aufstand.“
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Zac hatte nie zuvor derartige Schmerzen verspürt und stand zunächst unter Schock. In der Zwischenzeit griff sich sein Kollege den Daumen, wickelte ihn in eine kleine Tüte und legte ihn neben ein paar Bieren in eine Kühlbox.
Gleichzeitig bandagierte der Chef Zacs verletzte Hand und gemeinsam fuhren sie in die über einhundert Kilometer entfernte Ortschaft Halls Creek, wo sich der nächstgelegene Flughafen befand.
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Von dort aus wurde Zac vom Royal Flying Doctor Service in die 2.500 Kilometer entfernte Hafenstadt Perth an der Westküste Australiens gebracht. Zwischen dem Verlust seines Daumens und der Ankunft in Perth waren zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Stunden vergangen.
Im dortigen Krankenhaus scheiterten allerdings beide Versuche, den Daumen wieder anzunähen, sodass Zac an ein spezielles Ärzteteam in Sydney überwiesen wurde.
Dort hoffte Zac infolge der gescheiterten Operationsversuche zumindest auf eine Daumenprothese – jedoch vergebens. „Der Arzt erklärte, dass eine Prothese ziemlich sinnlos und nutzlos wäre.“ Aber anstatt Zac daumenlos nachhause zu schicken, schlug der behandelnde Arzt, Dr. Sean Nicklin, eine unkonventionelle Lösung vor: Er wollte Zacs großen Zeh amputieren und als Daumen-Ersatz an die Hand nähen.
Aufgrund seiner Charakteristika sei der große Zeh ideal, um einen Daumen zu ersetzen, erklärte Dr. Nicklin. Indem man Sehnen und Nerven miteinander verbindet, könnte man relativ simpel Bewegung und Gefühl ermöglichen, was mit einer Prothese unmöglich wäre. „Und obwohl er ein bisschen groß ist, sieht er eigentlich eher wie ein Daumen aus als andere Dinge, die wir machen könnten.“
Der Eingriff verlief ohne Komplikation und Zac wird bald wieder wie gewohnt seiner Arbeit und seinem Hobby nachgehen können. Er fühlt sich weder durch den fehlenden Zeh noch durch seinen neuen Daumen sonderlich beeinträchtigt: „Es hat mich etwas langsamer gemacht und ich hinke ein bisschen, aber es ist nicht allzu schlimm. Das war es definitiv wert!“