Als die Taiwanerin Yin Shan ihrem Ehemann Zhao Hong vor der Arbeit einen Abschiedskuss gab, wusste sie noch nicht, dass sie diesen Tag niemals vergessen würde.
Spät abends erhielt sie plötzlich einen Anruf, der ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen sollte. Man sagte ihr am Telefon, ihr Mann sei in einen Unfall verwickelt gewesen und würde sofort ins Krankenhaus gebracht.
Hong ist ein Verkehrspolizist in Neu-Taipeh, einer Millionenstadt in Taiwan. An diesem schicksalhaften Abend im Juni 2016 wurde Hong von einer betrunkenen Autofahrerin angefahren.
Bei dem Aufprall wurden seine Beine mehrfach gebrochen. Im Krankenhaus angekommen, wurde seiner Ehefrau dann die erschütternde Wahrheit offenbart: Nur das linke Bein ihres Mannes könne gerettet werden. Zu dem Zeitpunkt war Hong aber bereits nicht mehr ansprechbar. Also war es an seiner Ehefrau, die Einverständniserklärung zu unterschreiben und den Ärzten somit die Erlaubnis zu erteilen, sein rechtes Bein zu amputieren und es durch eine Prothese zu ersetzen.
Von einem Moment auf den anderen musste sich Shan vorerst allein um sich selbst und ihren Mann kümmern. Sie arbeitete ganztags und kümmerte sich in jeder freien Minute um Hong. Sie blieb die ganze Zeit optimistisch, spornte ihn jeden Tag an und unterstützte ihn bei der Physiotherapie.
„Ich wollte endlich wieder laufen. Am ersten Tag mit meiner Beinprothese wollte ich gleich die Kletterwand im Fitnessraum erklimmen. Das war das einzige Mal, dass meine Frau mit mir schimpfte. Sie sagte, ich solle geduldig sein und einen Schritt nach dem anderen machen“, erinnert sich Hong mit einem Lächeln im Gesicht. Er beschreibt auch, wie schwer es für ihn war, sich an die neue Situation zu gewöhnen, aber auch, wie glücklich er ist, dass Shan keine Sekunde von seiner Seite wich, egal wie schwer es auch war. „Ohne meine Frau hätte ich das alles niemals geschafft.“
Dabei hatte die Liebe der beiden anfangs unter keinem guten Stern gestanden. Ihre Familien waren beide gegen eine Beziehung gewesen, von einer Ehe ganz zu schweigen. Und so war es gekommen, dass Hong seiner geliebten Frau keinen romantischen Antrag gemacht hatte. Die beiden waren einfach nur eines Tages zum Standesamt gegangen und hatten die Heiratsurkunde unterschrieben. Doch Hong hatte die Art und Weise, wie ihre „Hochzeit“ abgelaufen war, immer wieder bereut.
Während er sich von der Amputation erholte, erfuhren auch Hongs Kollegen von seiner trostlosen Hochzeit. Zusammen mit der Hilfe einiger Krankenschwestern und seinen Kollegen heckte er dann aber einen Plan aus, um seiner geliebten Shan eine Überraschung zu bereiten: Hong wollte nochmal um ihre Hand anhalten.
Shan wurde unverhofft gebeten, an einem bestimmten Tag früher als gewohnt ins Krankenhaus zu kommen. Angeblich, um über die weitere Therapie ihres Mannes zu sprechen. Als sie jedoch die Station betrat, war Hong nicht in seinem Zimmer. Auf seinem Bett lag lediglich ein Tablet.
Auf dem Tablet klebte ein gelber Zettel, auf dem stand, sie sollte sich ein Video ansehen. Shan war zuerst vollkommen perplex. Als sie sich jedoch das Video ansah, war sie einfach nur überwältigt.
In dem Video spricht Hong von seiner Dankbarkeit für ihre Unterstützung während dieser schweren Zeit. Er sagt ihr auch, wie sehr er sie liebe und wie glücklich er sei, sie geheiratet zu haben, ungeachtet der Ablehnung ihrer beiden Familien. Am Ende bittet er Shan, in den Fitnessraum des Krankenhauses zu kommen.
Dort angekommen, erwarteten sie ein Meer an Luftballons und Blumen sowie ein Geiger, der auf seiner Violine sanfte Töne spielte.
Hong erwartete sie mit einem riesigen Blumenstrauß im Arm. Er fragte sie vor den Augen aller, ob sie ihn noch einmal heiraten würde und ob sie zusammen ein neues, glücklicheres Kapitel in ihrem gemeinsamen Leben aufschlagen und den Rest ihres Lebens zusammen sein wollten.
Von seiner Ansprache war nicht nur Shan zu Tränen gerührt, auch alle anwesenden Kollegen und Krankenschwestern waren tief beeindruckt.
„Nach dem Unfall sahen wir, wie schwer es für ihn war, die ganzen Operationen, die Physiotherapie, aber auch den Schmerz durchzustehen. Hong hat sich trotzdem niemals unterkriegen lassen. Als ich Shan sah, wusste ich, warum“, so einer von Hongs Kollegen.
Das heimlich zu seiner Überraschung gedrehte Video (auf Chinesisch) kannst du hier sehen:
Bei der Partnerschaft der beiden trifft das Ehegelübde „in guten wie auch in schlechten Zeiten“ wahrlich noch zu. Sie mussten eine furchtbare Zeit miteinander durchleben, aber sie haben sie gemeinsam bewältigt und sind jetzt glücklicher als je zuvor.