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Ein Engländer erklärt, wie man Deutscher wird

Was muss man tun, um ein Deutscher zu werden? Wer diese Schritte befolgt, ist auf dem richtigen Weg. Sieh selbst!

Ein Mann mit typisch deutschen Speisen und Getränken.
© Midjourney / Dieses Bild wurde mit der Unterstützung einer KI erstellt

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Ein Mann in Berlin.
Puh, Berlin … Foto: Midjourney / Dieses Bild wurde mit der Unterstützung einer KI erstellt

11. Berlin mit gemischten Gefühlen betrachten

Also gut, young foreigner. Du kannst ja nicht den ganzen Tag in deiner miefigen Wohnung herumhängen. Irgendwann musst du raus und all die exotischen Winkel dieses wunderbaren, weiten Wurstparadieses erkunden. Die nächsten paar Schritte dieser Anleitung sollen dir bei deinen geografischen Bemühungen helfen. Zunächst: Berlin.

Der Durchschnittsdeutsche hat ein kompliziertes Verhältnis zu seiner Hauptstadt. Berlin ist das schwarze Schaf der deutschen Familie. Kreativ, unpünktlich, neigt zu spontanen Techno-Ausbrüchen, kann seine Schulden nicht zahlen, lässt sich gern auf Vertraulichkeiten mit Ausländern ein. Für viele Deutsche ist Berlin nicht wirklich ihre Hauptstadt, sondern eher ein gigantisches Kunstprojekt oder Sozialexperiment, das sich nur blicken lässt, wenn es einen Kater hat und mal wieder einen Zuschuss braucht. Für sie ist die wahre Hauptstadt eine Stadt ungefähr wie Frankfurt. Bei Frankfurt weiß man, woran man ist.

12. Sag, was du denkst

Im Englischen geht es nicht darum, was man sagt, sondern wie man es sagt. Im Deutschen geht es um beides, aber eher um Ersteres. Deutsche drücken sich also in der Regel direkt und so eindeutig wie möglich aus. Gnadenlos effizient, wenn man so will. Möchte man auf Englisch jemanden bitten, etwas für einen zu tun, dann geht man nicht einfach zu dem Betreffenden hin und fragt ihn. Oh nein. Das wäre ein schwerer gesellschaftlicher Fehltritt. Stattdessen muss man sich zunächst nach seinem Befinden erkundigen, nach dem Befinden seiner Familie, nach seinen Kindern, dem Wetter, den Aktivitäten des zurückliegenden Wochenendes, den Plänen fürs kommende Wochenende, der Trübsal oder Begeisterung über das Ergebnis des zuletzt im Fernsehen übertragenen Fußballspiels – und erst dann kann man endlich sagen: «Übrigens», womit man den eigentlichen Zweck des Gesprächs einleitet, um dann noch einmal zu bekräftigen, dass man wegen der Bitte ein schlechtes Gewissen hat, dass der Gefallen nur erwiesen werden soll, wenn es absolut keine Mühe macht – aber könnte das Gegenüber womöglich diese winzige Kleinigkeit für einen erledigen? Man wäre ihm auf ewig dankbar.

Deutsche reden nicht in so ausufernden und durchsichtigen Zurschaustellungen vorgetäuschter Freundschaft um den heißen Brei herum. Sie sagen einfach: «Ich brauche das und das, erledige das bitte, und zwar bis dann und dann. Alles klar?» Danach gehen sie wieder. Sobald ihr diese Direktheit einige Male geübt habt, werdet ihr sie wahrscheinlich einfach nur angenehm finden.

Die Deutschen sagen, was sie denken, weil sie richtig erkannt haben, dass Zuckerguss nur auf Kuchen etwas zu suchen hat. Wenn mich gerade einmal wieder Hochmut und Selbstüberschätzung befallen, kann ich mich immer darauf verlassen, dass meine deutsche Freundin mich mit Worten wie «Krieg dich wieder ein, wir werden alle nackt geboren und scheißen ins Klo» auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

13. Fenster auf Kipp

In Südkorea herrscht die weit verbreitete Überzeugung, dass man zu Tode kommen kann, wenn man in einem geschlossenen Raum bei laufendem Ventilator schläft. Das Phänomen wird fantasievoll Ventilatorentod genannt. Dieser ist zwar wissenschaftlich denkbar, aber ungefähr so wahrscheinlich, wie in sämtlichen Lotterien der Welt auf einmal zu gewinnen und gleichzeitig vom Blitz getroffen zu werden. Dennoch glauben fast alle Südkoreaner daran, und die Ventilatoren werden bei ihnen daher mit Zeitschaltern ausgestattet.

Die Deutschen haben ihre eigene Version des Ventilatorentods. Weil alle Welt die deutschen Ingenieure und Bauhandwerker über den grünen Klee lobt, glauben viele Deutsche inzwischen, dass sie keine Häuser und Wohnungen bauen, sondern luftdichte Festungen. Darum halten Deutsche oft den Erstickungstod im eigenen Heim für eine ernsthafte Bedrohung, sofern nicht regelmäßig frische Luft in ihren Zwei-Zimmer-Wohnungen zirkulieren kann. Deswegen haben deutsche Fenster eine besondere Kippfunktion, mit der man das Fenster zu ungefähr 10 % geöffnet lassen kann. Selbst im tiefsten Winter ist es durchaus üblich, das Fenster eines deutschen Schlafzimmers «auf Kipp» und den Raum so kalt vorzufinden, dass man darin Fleisch einfrieren könnte. Bleibt das Fenster nicht gekippt, so ist regelmäßige «Stoßlüftung» dringend erforderlich. Dabei öffnet man das Fenster für eine kurze Zeit sperrangelweit, so dass kalte, frische Luft hereinströmen und die böse, abgestandene, warme Luft bekämpfen kann. Diese Einstellung erklärt auch, warum die Deutschen ein so tiefes Misstrauen gegenüber Klimaanlagen hegen, die ihnen zum Hohn ständig bloß altes, recyceltes Kohlendioxid ausstoßen.

Die Begeisterung fürs Fensterkippen ist ein echter Prüfstein für binationale Beziehungen. Engländer drehen die Heizung ihrer Wohnung am 1. Oktober voll auf und rühren sie dann bis Ende April nicht mehr an. Wir sind es nicht gewohnt, den Winter mit Fenstern auf Kipp zu verbringen. Also müssen wir mit unseren deutschen Partnern eine Art Heizungs-Hase-und-Igel spielen: Wir warten, bis sie eingeschlafen sind, schließen dann leise das Fenster, das sie den ganzen Tag offen gelassen haben, drehen die Heizung auf und gleiten schließlich langsam in einen mollig warmen Schlummer. Doch am Morgen sind die schönen Zeiten vorbei, denn unsere Partner sind zuerst erwacht. Sie haben sich glücklich gepriesen, dass sie des Nachts nicht erstickt sind, haben die Heizung sofort wieder abgedreht und das Fenster geöffnet.

Brrr. Gewöhnt euch ans Frösteln, auch ihr seid jetzt Kipper.

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