TeilenPin Wer die Apfelschorle nicht ehrt … Foto: Africa Studio – stock.adobe.com8. Apfelsaftschorle trinkenSo, mein most excellent, fearless foreigner, das war ein anstrengender Vormittag, oder? Ich bin begeistert von deinem Anpassungswillen. Machen wir eine kleine Pause. Durst? Da habe ich genau das Richtige … Zuerst musst du wissen, dass die Deutschen jedes Getränk fürchten, das nicht sprudelt. Schon beim Gedanken daran bricht ihnen kalter Schweiß aus. Es hat großen komödiantischen Reiz, in Deutschland Touristen und Ausländer zu beobachten, wie sie Wasser mit dem Etikett «Classic» kaufen. Natürlich nehmen sie an, weil «klassisches» Wasser – das Zeug, das seit Anbeginn der Zeiten vom Himmel fällt – schon immer stilles Wasser ohne Kohlensäure war, muss das doch auch hier so sein. Oder?Nein! Die Millionen Jahre alte Geschichte des Wassers hat man hier praktischerweise vergessen. «Classic» bedeutet natürlich mit Kohlensäure, du alter Dummkopf. Gewöhn dich dran. Lern es zu mögen. Andernfalls musst du, wenn du deine neu gewonnenen deutschen Freunde zu Hause besuchst, um Leitungswasser bitten. Sie werden dich anschauen wie einen primitiven Wilden, den sie gerade im Wald gefunden haben, bedeckt nur von seinen eigenen Haaren.Mit diesem Phänomen verwandt ist die Apfelsaftschorle. Ihr kennt die Szene aus Filmen, wenn Leute zum Psychiater gehen und der Therapeut sie auffordert, sich einen Ort des Glücks zu schaffen. Ein sicheres, stilles Plätzchen, wohin sie sich begeben können, wenn die Welt zu groß und beängstigend wird. Meist ist es ein Strand oder ein Schaukelstuhl auf der Veranda eines idyllischen Elternhauses oder so etwas.Für Deutsche ist dieser Glücksort ein See aus Apfelsaftschorle, in dem sie nackt baden. Wenn sie, erschöpft von einem langen, harten Tag des Stempelns und Ausfüllens von Formularen, angesichts einer fünfzehnseitigen Speisekarte von der Qual der Wahl schier erdrückt werden, dann ziehen sie sich an diesen Glücksort zurück und bestellen Apfelsaftschorle. Die ist verlässlich, beständig und so klassisch wie sprudelndes Wasser.Über ein Jahrhundert lang bildeten sich die Deutschen viel auf ihre Entdeckung des Sprudelwassers ein und auf den Reichtum an Brauereien, die ihnen gutes Bier brauten. Sie glaubten, besser könne es nicht werden. Dann versuchte irgendein schlauer Kopf, ein wenig Apfelsaft ins Sprudelwasser zu mischen, und schuf etwas, das ebenso erfrischend war, aber 6 % mehr Spaß machte! Das hätte beinahe zu Aufruhr geführt.Die Leute waren einfach nicht bereit dafür. Es war zu viel des Genusses. Eine Endlos-Disco-Party für die Geschmacks knospen. Euch und eurem komischen Ausländergaumen wird es natürlich nicht so vorkommen. Euch dürfte Apfelsaftschorle so schmecken, wie sie wirklich ist – nur eine Idee besser als das langweilige Sprudelwasser.9. Deutsches EssenHöre ich da in der Ferne deinen Magen knurren? Hab keine Angst, mein allerbester ausländischer Freund, in diesem Abschnitt wenden wir uns – mit aller Begeisterung, die ich aufbringen kann – der Küche dieser wunderbaren, anspruchsvollen Nation zu …Es fällt nicht leicht, über die deutsche Küche zu reden, ohne die Wurst zu erwähnen. An diesem Punkt habt ihr sicher das Gefühl, ich schlüge mit der Klischeekeule auf euch ein. Also lasse ich es. Wurst ist wichtig, aber eher als Symbol als wegen ihres Geschmacks. Wurst ist furchtbar langweilig. Dass sie in diesem Land so hoch geschätzt wird, beweist einen erschreckenden Mangel an Fantasie. Der allerdings wird euch, wenn ihr erst einmal mehr von der deutschen Küche probiert habt, nicht groß wundern.Fleisch ist hierzulande der Dreh- und Angelpunkt so gut wie jeder Mahlzeit. In Deutschland Vegetarier zu sein, ist wahrscheinlich ungefähr so unterhaltsam, wie als Blinder in den Zoo zu gehen. Es gibt nur eine gastronomisch bemerkenswerte Jahreszeit, nämlich die Spargelsaison, wenn das ganze Land durchdreht und überall mit dem allmächtigen Spargel herumgewedelt wird, als wär’s ein kulinarischer Zauberstab, wonach er tatsächlich auch ziemlich aussieht.Um es zusammenzufassen, die deutsche Küche bedeutet für die Welt des Essens in etwa das Gleiche wie die Band Eiffel 65 für die Geschichte der Popmusik – sie existiert, aber vor allem als Fußnote.10. Die Bierflasche mit allem öffnen, was kein Flaschenöffner istFlaschenöffner existieren in verschiedenen Formen seit circa 1738. Es gibt nur einen logischen Grund, wieso Deutsche eine Flasche mit so ungefähr allem außer einem Flaschenöffner aufmachen können: nämlich dass Flaschenöffner hier erst seit 2011 bekannt sind. Seither werden sie mit Misstrauen betrachtet, und jeder, der einen verwendet, wird der Hexerei bezichtigt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Ich erinnere mich noch an eine Webseite, auf der ein ganzes Jahr lang jeden Tag eine andere Art vorgestellt wurde, eine Bierflasche zu öffnen. Manche behaupten, dass den Autoren am Ende die Ideen ausgingen, als sie einen Schildkrötenpanzer als Öffner vorschlugen. Die Deutschen brauchten den Blog allerdings nicht zu lesen, da sie alle diese Methoden sowieso schon kannten. Schildkrötenpanzer? Ich bitte dich, das ist doch einfach. Ein bisschen mehr Fantasie! Und kommt mir nicht mit Flaschenöffnern. Ich habe hier schon gesehen, wie Leute Flaschen mit den Zähnen aufmachten, einer sogar mit der Augenhöhle.Also, foreigner: Du musst mindestens zehn Methoden lernen. Feuerzeug und Löffel müssen dabei sein. Schildkrötenpanzer ist nicht zwingend, aber zulässig.Klicken und weiterlesen! TeilenPin Zurück Weiter
TeilenPin Wer die Apfelschorle nicht ehrt … Foto: Africa Studio – stock.adobe.com8. Apfelsaftschorle trinkenSo, mein most excellent, fearless foreigner, das war ein anstrengender Vormittag, oder? Ich bin begeistert von deinem Anpassungswillen. Machen wir eine kleine Pause. Durst? Da habe ich genau das Richtige … Zuerst musst du wissen, dass die Deutschen jedes Getränk fürchten, das nicht sprudelt. Schon beim Gedanken daran bricht ihnen kalter Schweiß aus. Es hat großen komödiantischen Reiz, in Deutschland Touristen und Ausländer zu beobachten, wie sie Wasser mit dem Etikett «Classic» kaufen. Natürlich nehmen sie an, weil «klassisches» Wasser – das Zeug, das seit Anbeginn der Zeiten vom Himmel fällt – schon immer stilles Wasser ohne Kohlensäure war, muss das doch auch hier so sein. Oder?Nein! Die Millionen Jahre alte Geschichte des Wassers hat man hier praktischerweise vergessen. «Classic» bedeutet natürlich mit Kohlensäure, du alter Dummkopf. Gewöhn dich dran. Lern es zu mögen. Andernfalls musst du, wenn du deine neu gewonnenen deutschen Freunde zu Hause besuchst, um Leitungswasser bitten. Sie werden dich anschauen wie einen primitiven Wilden, den sie gerade im Wald gefunden haben, bedeckt nur von seinen eigenen Haaren.Mit diesem Phänomen verwandt ist die Apfelsaftschorle. Ihr kennt die Szene aus Filmen, wenn Leute zum Psychiater gehen und der Therapeut sie auffordert, sich einen Ort des Glücks zu schaffen. Ein sicheres, stilles Plätzchen, wohin sie sich begeben können, wenn die Welt zu groß und beängstigend wird. Meist ist es ein Strand oder ein Schaukelstuhl auf der Veranda eines idyllischen Elternhauses oder so etwas.Für Deutsche ist dieser Glücksort ein See aus Apfelsaftschorle, in dem sie nackt baden. Wenn sie, erschöpft von einem langen, harten Tag des Stempelns und Ausfüllens von Formularen, angesichts einer fünfzehnseitigen Speisekarte von der Qual der Wahl schier erdrückt werden, dann ziehen sie sich an diesen Glücksort zurück und bestellen Apfelsaftschorle. Die ist verlässlich, beständig und so klassisch wie sprudelndes Wasser.Über ein Jahrhundert lang bildeten sich die Deutschen viel auf ihre Entdeckung des Sprudelwassers ein und auf den Reichtum an Brauereien, die ihnen gutes Bier brauten. Sie glaubten, besser könne es nicht werden. Dann versuchte irgendein schlauer Kopf, ein wenig Apfelsaft ins Sprudelwasser zu mischen, und schuf etwas, das ebenso erfrischend war, aber 6 % mehr Spaß machte! Das hätte beinahe zu Aufruhr geführt.Die Leute waren einfach nicht bereit dafür. Es war zu viel des Genusses. Eine Endlos-Disco-Party für die Geschmacks knospen. Euch und eurem komischen Ausländergaumen wird es natürlich nicht so vorkommen. Euch dürfte Apfelsaftschorle so schmecken, wie sie wirklich ist – nur eine Idee besser als das langweilige Sprudelwasser.9. Deutsches EssenHöre ich da in der Ferne deinen Magen knurren? Hab keine Angst, mein allerbester ausländischer Freund, in diesem Abschnitt wenden wir uns – mit aller Begeisterung, die ich aufbringen kann – der Küche dieser wunderbaren, anspruchsvollen Nation zu …Es fällt nicht leicht, über die deutsche Küche zu reden, ohne die Wurst zu erwähnen. An diesem Punkt habt ihr sicher das Gefühl, ich schlüge mit der Klischeekeule auf euch ein. Also lasse ich es. Wurst ist wichtig, aber eher als Symbol als wegen ihres Geschmacks. Wurst ist furchtbar langweilig. Dass sie in diesem Land so hoch geschätzt wird, beweist einen erschreckenden Mangel an Fantasie. Der allerdings wird euch, wenn ihr erst einmal mehr von der deutschen Küche probiert habt, nicht groß wundern.Fleisch ist hierzulande der Dreh- und Angelpunkt so gut wie jeder Mahlzeit. In Deutschland Vegetarier zu sein, ist wahrscheinlich ungefähr so unterhaltsam, wie als Blinder in den Zoo zu gehen. Es gibt nur eine gastronomisch bemerkenswerte Jahreszeit, nämlich die Spargelsaison, wenn das ganze Land durchdreht und überall mit dem allmächtigen Spargel herumgewedelt wird, als wär’s ein kulinarischer Zauberstab, wonach er tatsächlich auch ziemlich aussieht.Um es zusammenzufassen, die deutsche Küche bedeutet für die Welt des Essens in etwa das Gleiche wie die Band Eiffel 65 für die Geschichte der Popmusik – sie existiert, aber vor allem als Fußnote.10. Die Bierflasche mit allem öffnen, was kein Flaschenöffner istFlaschenöffner existieren in verschiedenen Formen seit circa 1738. Es gibt nur einen logischen Grund, wieso Deutsche eine Flasche mit so ungefähr allem außer einem Flaschenöffner aufmachen können: nämlich dass Flaschenöffner hier erst seit 2011 bekannt sind. Seither werden sie mit Misstrauen betrachtet, und jeder, der einen verwendet, wird der Hexerei bezichtigt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Ich erinnere mich noch an eine Webseite, auf der ein ganzes Jahr lang jeden Tag eine andere Art vorgestellt wurde, eine Bierflasche zu öffnen. Manche behaupten, dass den Autoren am Ende die Ideen ausgingen, als sie einen Schildkrötenpanzer als Öffner vorschlugen. Die Deutschen brauchten den Blog allerdings nicht zu lesen, da sie alle diese Methoden sowieso schon kannten. Schildkrötenpanzer? Ich bitte dich, das ist doch einfach. Ein bisschen mehr Fantasie! Und kommt mir nicht mit Flaschenöffnern. Ich habe hier schon gesehen, wie Leute Flaschen mit den Zähnen aufmachten, einer sogar mit der Augenhöhle.Also, foreigner: Du musst mindestens zehn Methoden lernen. Feuerzeug und Löffel müssen dabei sein. Schildkrötenpanzer ist nicht zwingend, aber zulässig.Klicken und weiterlesen! TeilenPin