Manchmal kann sich ein ganzes Leben von einem Tag auf den anderen komplett verändern und nichts ist mehr so, wie zuvor. So ist es auch dem 24-jährigen Michael Jeff Landers aus dem amerikanischen Bundesstaat Minnesota geschehen. Als es an diesem Wintertag an seiner Tür klopft, weiß er noch nicht, dass sein Leben schon bald nie wieder so sein wird, wie es einmal war.
Er öffnet die Tür und sieht sich auf einmal zwei uniformierten Polizisten gegenüber. Doch sie sind nicht hier, um ihn zu verhaften; sie sind heute gekommen, um ihm zu sagen, wer er wirklich ist. Vor 19 Jahren wurde ein fünfjähriger Junge namens Richard Landers Jr. entführt und heute, 19 Jahre später und mit anderem Namen, wird er gefunden. Es ist wirklich eine unglaubliche Geschichte.
Um sie zu verstehen, muss man auf das Jahr 1994 zurückblicken. Richards leibliche Eltern durchleben eine hässliche Scheidung und die Stimmung im Hause Landers ist mehr als angespannt. Ständig wird gestritten und zwischenzeitlich lebt Richard mit seiner Mutter im Auto. Als der Kampf ums Sorgerecht immer erbitterter wird und der kleine Junge zunehmende leidet, entscheiden seine Großeltern sich dazu, einzuschreiten. Sie holen den Jungen ab und verschwinden spurlos. Später wird klar, dass sie über 1100km gefahren sind, um mit ihm woanders zu leben – von Richards Geburtsort Indiana, bis weit in den Norden nach Minnesota. Sie ändern ihre Namen und beginnen eine neue Existenz. Beinahe 20 Jahre lang leben sie unerkannt, doch sie haben eine Sache vergessen: Niemand hat daran gedacht, Richards Sozialversicherungsnummer zu ändern. Und so ist die Polizei schließlich 19 Jahre später in der Lage, Richard/Michael aufzuspüren.
Richard/Michael hat in der Zwischenzeit geheiratet und wird selbst bald Vater. Er kann kaum glauben, dass seine Großeltern, die ihn so gut behandelt haben, ihn in Wirklichkeit entführt haben und sein Leben eine Lüge sein soll. Dass seine leiblichen Eltern tatsächlich noch leben und all die Jahre nicht wussten, was aus ihrem kleinen Jungen geworden ist.
Auch für seine Eltern ist es ein riesengroßer Schock, herauszufinden, dass ihr Sohn noch lebt – und das nicht mal weit entfernt von ihnen. Michael selber verteidigt seine Großeltern, sie haben ihn liebevoll großgezogen und er weiß, dass sie nur das Beste für ihn im Sinn hatten.
Geschichten wie diese werfen viele Fragen auf: Kann man die Entscheidung von Richards Großeltern verteidigen? Haben sie das Recht, diese Entscheidung zu treffen? Und gehören sie bestraft oder haben sie wirklich im besten Interesse des Kindes gehandelt? Tatsache ist, dass Richard das Gefühl hat, eine glückliche Kindheit verbracht zu haben, und dass nicht sicher ist, wie gut seine Eltern wirklich für ihn hätten sorgen können. Aber vielleicht hätten seine Großeltern das Sorgerecht auch offiziell bekommen können.
Dennoch hat Richard sein eigenes Leben aufgebaut und scheint durch die Entführung nicht gelitten zu haben. Nach all den Jahren versucht er jetzt, die Beziehung zu seinen Eltern wieder aufzubauen und gleichzeitig seinen Großeltern zu vergeben. Die unglaubliche Geschichte kannst du auf Englisch im Video sehen:
Was für ein Schock muss es sein, wenn plötzlich das ganze Leben in Frage gestellt wird und auf dem Kopf steht. Für Richard/Michael wird es wohl noch eine ganze Weile dauern, bis er dies verdaut hat und viel Kraft kosten, sich seinen Eltern und Großeltern wieder anzunähern.