Veröffentlicht inEmotionales, Schicksale

Journalistin gibt Rat, wie man Unsympathen entlarvt

Die britische Journalistin Rachel Cooke schreibt über den Ratschlag, den sie von ihrer Oma bekam, über die Arbeitsbedingungen von Servicekräften in Restaurants und richtet einen Appell an alle Leser.

©

Hier sind emotionale Geschichten, die dich wirklich inspirieren. (Zum Artikel nach unten scrollen.)

Ein gemeinsames Essen im Restaurant? Das gehört zu den Klassikern, wenn man jemanden kennenlernen möchte. Aber nicht nur im Gespräch bei Speis und Trank lernt man viel voneinander, auch der Umgang mit dem Personal gibt mitunter einen ungewollten Einblick in die Persönlichkeit des Gegenübers. Werden die Kellner freundlich, herablassend oder empathielos behandelt? Kleine Beobachtungen sagen manchmal mehr als tausend Worte.



Über dieses Thema hat die britische Journalistin Rachel Cooke einen wunderbaren Artikel auf The Guardian veröffentlicht. Dabei greift sie auch auf eigene Erfahrungen zurück und spricht die Arbeitsbedingungen des Servicepersonals und das allgemeine Verschwinden von guten Manieren an. Diesen bewegenden Appell sollten sich nicht nur Engländer zu Herzen nehmen:

„Ich habe nie vergessen, wie mir meine Großmutter einmal sagte: ‚Solltest du jemals heiraten, dann achte darauf, dass es ein netter Mann ist.‘ Sie hätte mir aber auch sagen können, dass ich mir einen Mann suchen solle, der nett zu Kellnern sei. Die Art und Weise, wie Menschen mit der Belegschaft eines Restaurants umgehen, enthüllt den Charakter eines Menschen blitzschnell. Männern wie Frauen, die grundlos und ständig unhöflich zur Bedienung sind, sollte man aus dem Weg gehen. Und dazu gehören natürlich auch diejenigen, die Kellner herablassend behandeln.

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Flickr der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

Fast genauso schlimm sind Leute, die so tun, als wäre die Bedienung unsichtbar. Wer sich so verhält, könnte sich gleich ein T-Shirt anziehen, auf dem geschrieben steht: ‚Ich bin ein überprivilegierter Affe: kalt, herzlos, unhöflich und ziemlich blöde.‘

Wird unhöfliches Benehmen in Restaurants immer häufiger? Ich habe zumindest diesen Eindruck. In den letzten Wochen habe ich mehrfach entsetzt beobachten können, wie Gäste am Nachbartisch meinten, ihre Kellner völlig überzogen maßregeln zu müssen. Einmal war ich sogar darauf und dran, mich einzumischen. Was soll das?

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Flickr der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

Ich bin mir nicht sicher. Einerseits scheint das mit dem allgemeinen Sittenverfall zu tun zu haben. Ein Verlust von Anstand, der mit dem Aufkommen von Smartphones zusammenhängt, wie ich finde. Es kann aber auch sein, dass Menschen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten meinen, sich mehr erlauben zu können. Weil sie überzeugt sind, dass das Restaurant jeden Gast nötig hat.

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Flickr der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

Ich bin zu Kellnern nicht unhöflich, im Gegenteil. Ich versuche, mich emphatisch zu zeigen, indem ich immer fragend den Konjunktiv benutze. Im Sinne von: ‚Könnte ich etwas Wasser bekommen?‘ Nach und nach schalte ich einen Gang hoch, bis meine Wertschätzung quasi dickflüssig aus jeder meiner Poren tropft. Ich lobe übermäßig. Ich gebe übermäßig Trinkgeld. Ich bin einfach verdammt dankbar.

Mit gefällt der Gedanke, dass ich mich auch nicht anders verhalten würde, wenn ich in eine reiche Familie geboren wäre. Vielleicht liegt es aber eher daran, dass ich selbst als Kellnerin gearbeitet habe. Sehe ich Servicemitarbeiter, frage ich mich unweigerlich, wie ihre Schicht läuft. Wann hört sie auf? Tun ihre Füße weh? Ich hoffe, dass sie viel Trinkgeld bekommen und es ihnen nicht weggeschnappt wird. Auch ihr Chef kommt mir in den Sinn. Ist er anständig und fair oder ein kleiner Tyrann? Ein Knauser, der nicht mal eine Taxifahrt nach Hause in tiefster Nacht springen lassen würde?

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Flickr der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

Vor langer Zeit habe ich als Kellnerin in einem Kneipenrestaurant in Sheffield gearbeitet. Ich habe aber nicht nur gekellnert, sondern stand auch hinter der Bar. Geputzt habe ich auch. Jeder Tag begann um 8 Uhr, Pissoirs abspritzen. Es dauerte jedes Mal zwei Stunden, die Kneipe zu putzen. Um 10 ging es nach Hause, Frühstück. Ab Mittag stand ich fünf Stunden lang hinter der Bar.

Um 17 Uhr ging ich wieder nach Hause, Nachmittagspause. Zwei Stunden später erschien ich wieder in der Kneipe und arbeitete, bis sie geschlossen wurde. Es ist manchmal schwierig zu begreifen, dass ich ein anderes Leben hatte. Es war aber dieses Leben, an das ich mich klammerte, wenn der Barbesitzer entdeckte, dass der Kassenbeitrag nicht aufging und mir mitteilte, dass mir der Lohn gekürzt werden würde. 

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Flickr der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

Ich habe all das im Rahmen einer Bitte verfasst: Seien Sie gut zu Ihrem Kellner! Natürlich weiß ich, wie nervig es ist, wenn etwas schiefgeht. Die Kellner sind aber meistens nur die Überbringer der Nachricht. Lassen Sie das nicht an ihnen aus. Wenn Sie das Trinkgeld zusammenklimpern, bedenken Sie, dass Sie wahrscheinlich nicht einmal die Hälfte wissen.“

Wo sie recht hat, hat sie recht! Es ist leicht, seinen Ärger am Kellner auszulassen, obwohl man oft gar nicht weiß, was sich alles im Hintergrund abspielt. Ein wenig Besonnenheit schadet in solchen Situationen nicht.

Links zu weiteren ergreifenden Artikeln sind unter diesem Absatz verlinkt:

Quelle: theguardian

Vorschaubild: ©Flickr/Mike Burns