„Bin ich das Arschloch?“ So lautet übersetzt der englische Titel einer Kategorie auf der Social-Media-Plattform Reddit, in der User die Meinung der Community einholen können, wer deren Meinung nach in einem Streit falsch liegt.
Mit diesem Anliegen wandte sich auch eine werdende Mutter an die Community auf Reddit. Sie war nämlich mit ihrem Ehemann und dessen Eltern in einen Streit über den Babynamen des erwarteten Nachwuchses geraten.
Die Mutter wollte einen Babynamen, der nicht mehr zeitgemäß und nach heutigen Standards höchst lächerlich ist. Aber er hätte Tradition in ihrer Familie. Seit dem 18. Jahrhundert erhält der erstgeborene Sohn diesen Namen. Ihr Vater und Großvater tragen ihn ebenfalls.
Schon vor etwa einem Jahr hatte sie mit ihrem Ehemann darüber gesprochen, der sich seinerzeit einverstanden erklärt hatte, doch nun – kurz vor der Geburt ihres Kindes – nichts mehr davon wissen wollte.
Die Mutter wollte nun die Meinung Dritter hören, ob sie damit falsch liege, auf der Fortführung der Familientradition zu bestehen, oder ob die Schwiegereltern eine Grenze damit überschritten, sich einzumischen und den Babynamen als „Kindesmissbrauch“ zu bezeichnen.
„Der Name ist Gaylord. Ich hab’s kapiert, keine Sorge“, gibt die Mutter zu. Gaylord war früher tatsächlich ein gewöhnlicher Name französischer Herkunft.
Früher bedeutete das englische Wort „gay“ aber noch „fröhlich“, mittlerweile bedeutet es „schwul“. „Lord“ ist ein englischer Adelstitel und kann je nach Kontext auch „Gott“ bedeuten.
„Ich bin mir bewusst, dass der Name heutzutage stigmatisiert ist“, schreibt die Mutter auf Reddit an die Community, „deshalb habe ich ja auch zugestimmt, eine Kurzform zu verwenden.“ Während Gaylord offiziell auf der Geburtsurkunde stehen sollte, sollte der Rufname Gail sein – was allerdings ein Mädchenname ist.
Dass es kein akzeptierter, geläufiger Name sei, sei nur eine Modeerscheinung. „Sobald die Gesellschaft aufhört, so unreif darüber zu denken, kann Gaylord anfangen, seinen vollständigen Namen zu verwenden“, glaubt die Mutter optimistisch.
Ihr Ehemann, so schreibt sie weiter, hielt das ursprünglich für einen Scherz. Und seine Eltern hielten nicht einmal Gail für einen adäquaten Namen für einen Jungen. „Sie gaben mir eine ganze Liste mit Vorschlägen, was ich unglaublich beleidigend fand. Als sei ich ein Kind. Sie haben kein Recht, den Babynamen zu bestimmen“, so die Mutter.
Die Community auf Reddit, auf deren moralische Unterstützung sie ursprünglich gehofft hatte, konnte für den Babynamen allerdings ebenso wenig Verständnis aufbringen.
Der Optimismus der Mutter sei unrealistisch. Der Junge sei mit dem Namen für sein Leben gestraft, so das eine Argument. Wenn er am ersten Schultag mit Gaylord aufgerufen würde und dann kleinlaut korrigiere, dass sein Rufname Gail sei, sei er durch den Spott und das Mobbing von Anfang an traumatisiert.
Ein anderes Argument war, dass die Mutter mit ihrem gewünschten Babynamen anderen genauso ihre Meinung aufzwinge, wie es angeblich ihre Schwiegereltern täten.
Die Community auf Reddit kam zu dem Konsens, dass in diesem Fall die Mutter „das Arschloch“ sei. Doch damit war die Geschichte noch nicht zu Ende, denn die Mutter setzte dem Ganzen noch die Krone auf.
Denn eine Woche nach ihrem Originalbeitrag, in dem sie von Gaylord als ihrem gewünschten Babynamen berichtet hatte, schrieb die Mutter einen zweiten Beitrag auf Reddit, in dem sie zugab, sich die ganze Geschichte nur ausgedacht zu haben.
Als sie das schrieb, war sie zwar tatsächlich schwanger, erwartete aber bereits ihr drittes Kind. Gaylord stand auch nie ernsthaft zur Debatte, aber nachdem sie einem Mann begegnet war, der tatsächlich Gaylord hieß, wollte sie wissen, wie wohl die Menschen darauf reagieren würden, wenn sie ihr Kind Gaylord nennen würde.
Wie sie schreibt, habe sie sich köstlich darüber amüsiert, wie empört die Leute gewesen seien, dass jemand sein Kind Gaylord nennen wolle, und dass die Geschichte durchaus Wellen geschlagen habe und sogar von der ein oder anderen Tageszeitung aufgegriffen worden sei.
Aber was hat die Mutter auch anderes erwartet? In solchen Foren wird davon ausgegangen, dass sich die User mit echten Anliegen an die Community wenden. Auf jeden Fall hat sie sich mit dieser Aktion deutlich unbeliebter gemach als damit, ihr Kind Gaylord zu nennen.
Ein Beispiel für ein echtes Anliegen, das auf Reddit diskutiert wird, ist hingegen die Geschichte einer entsetzten Mutter, deren Schwiegermutter heimlich die drei Monate alte Enkelin piercen ließ. Den schönen Schein auf Social Media enthüllt hingegen diese sechsfache Mutter, die eine Instagram-Mutti bloßstellt.
Welche Blüten die Selbstdarstellung im Internet darüber hinaus trägt, zeigen diese 16 witzigen Instagram-Fakes, diese 14 Fotos, die durch Photoshop „verschlimmbessert“ wurden, sowie diese 15 „perfekten“ Fotos und die banale Wahrheit dahinter.
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