Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Instagram wird seit jeher vorgeworfen, eine Maschinerie der Selbstinszenierung zu sein. Leute laden gestellte oder gar retuschierte Bilder hoch, um anderen – und vielleicht auch sich selbst – ein vermeintlich perfektes Leben vorzugaukeln.
Wer hier nicht zwischen Schein und Sein zu unterscheiden weiß, kann schnell in Selbstzweifel verfallen, wenn er sich beim Betrachten dieser angeblich heilen Social-Media-Welt anderer darüber wundert, was er falsch gemacht hat, dass das eigene Leben nicht derart perfekt ist.
Die Amerikanerin Jen Flint war es leid, wie schädigend diese Maschinerie mitunter für das Selbstbewusstsein ist. Nachdem sie die Art und Weise hatte mitansehen müssen, wie eine Mutter für den schönen Instagram-Schein mit ihrer Tochter umging, reagierte Jen.
Jen, selbst sechsfache Mutter aus dem US-Bundesstaat Utah, schrieb einen langen Brief auf Facebook, in dem sie das Verhalten jener Mutter und – damit verbunden – den Social-Media-Wahn anprangerte, womit sie viele Menschen erreichte und bewegte.
In einem Schwimmbad hatte Jen ebenjene Mutter mit ihrer Tochter beobachtet, die beide aufeinander abgestimmte Badeanzüge trugen: „Die ersten paar Minuten telefonierte die Mama laut, während ihre Tochter danebenstand und warte, ins Wasser zu gehen.
Als Mama das Telefonat beendet hatte, arrangierte sie das Spielzeug und die Sonnencreme auf dem Handtuch. Nachdem sie die richtige Perspektive gefunden hatte, holte sie das Stativ heraus und machte ein paar Selfies mit ihrer Tochter.“
Dann gab es noch ein Foto am Beckenrand und eins im Wasser. Die Tochter lächelte brav und sagte: „Cheese!“, als hätte sie das schon tausendmal gemacht, wie Jen schreibt. Die Mutter verließ das Becken und erlaubte der Kleinen, etwas im Wasser zu spielen.
Mama telefonierte erneut, während die Kleine insgesamt viermal fragte, ob Mama nicht mit ins Wasser kommen könnte. Mama schaute nur kurz vom Telefon auf, ignorierte ihre Tochter aber ansonsten.
„Zehn Minuten später legte Mama auf, schnappte sich die Sonnencreme, die nie aufgetragen wurde, das Spielzeug, das nie das Wasser berührt hatte, sowie ihre Tochter und verließ das Schwimmbad.“
Und solche Bilder werden dann unter dem Hashtag „wertvolle Erinnerungen“ gepostet, dachte Jen. „Irgendwo sitzt eine andere Mutter zu Hause mit ihren Kindern. Das Haus ist unaufgeräumt, ihre Haare zerzaust und ihre Kleidung ist mit Erdnussbutter beschmiert.“
„Diese Mutter ist erschöpft vom Kochen, Saubermachen und Spielen mit den Kindern. Dann sieht sie dieses perfekte Instagram-Foto und vergleicht sich mit der Mama am Pool.“
wikimedia commons/CC BY 2.0/Gveret Tered
Dann melde sich diese kleine Stimme im Kopf, schreibt Jen: „Du bist nicht gut genug. Du siehst nicht aus wie die Mama am Pool. Du hast nicht genug Geld für teure Badeanzüge und keine Zeit, um auch solche wertvollen Erinnerungen mit deinen Kindern zu erleben.“
Und die junge Mutter daheim glaubt das und fühlt sich als Versagerin, wie Jen schreibt. Dabei wisse die Mutter daheim gar nicht, dass sie ihre Zeit mit den Kindern so viel wertvoller und nachhaltiger verbracht hat als die angeblich perfekte Instagram-Mutti im Schwimmbad.
In einem Interview betonte Jen, dass es ihr nicht allein darum gegangen sei, die Mama im Schwimmbad zu kritisieren, sondern Menschen darin zu bestärken, sich nicht mit anderen zu vergleichen und sich selbst genug zu sein.
Auf „Social Media“ sei eben nicht alles echt und vieles bloß eine Momentaufnahme, wie Jen betont. „Eure dreckige Bluse und euer unaufgeräumtes Haus und eure glücklichen Kinder sind echt und sie sind der Beweis, dass ihr es richtig macht!“