„Ich werde dir Geld schicken“
Er schlich an meine Seite des Bettes und hinterließ einen Zettel auf meinem Kissen: ‚Schwesterchen, auf die Universität zu kommen, ist nicht leicht. Ich gehe fort, suche mir Arbeit und werde dir Geld schicken.‘ Ich hielt den Zettel in meiner Hand und weinte, bis meine Stimme versagte. Mit dem Geld, das sich mein Vater vom gesamten Dorf geliehen hatte, und dem Geld, das mein Bruder auf einer Baustelle für das Tragen von Zementsäcken verdiente, schaffte ich es, auch mein drittes Jahr an der Universität zu studieren. In diesem Jahr war mein Bruder 17 Jahre alt und ich 20.
Eines Tages, als ich in meinem Wohnheimzimmer lernte, kam mein Mitbewohner herein und sagte: ‚Da ist einer aus dem Dorf, der draußen auf dich wartet.‘ Warum sollte einer aus dem Dorf auf mich warten? Ich ging hinaus und erblickte meinen Bruder. Sein ganzer Körper war voller Dreck, Staub, Zement und Sand. Ich fragte ihn: ‚Warum hast du meinem Mitbewohner nicht gesagt, dass du mein Bruder bist?‘
Er antwortete mit einem Lächeln: ‚Sieh mich an. Was würden sie denken, wenn sie wüssten, dass ich dein Bruder bin? Würden sie nicht über dich lachen?‘ Ich war so gerührt und meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich wischte den Dreck und den Staub vom Körper meines Bruders. Mit einem Kloß im Hals sagte ich: ‚Es ist mir egal, was die Leute sagen. Du bist mein Bruder, egal, wie du aussiehst.‘ Aus seiner Tasche nahm er eine Schmertterlings-Haarspange. Er steckte sie in mein Haar und sagte: ‚Ich habe gesehen, dass alle Mädchen in der Stadt so eine tragen. Ich denke, du solltest auch eine haben.‘
„Ich nahm ihn in die Arme und weinte“
Nun konnte ich mich nicht mehr zusammenreißen. Ich nahm meinen Bruder in die Arme und weinte. In diesem Jahr war er 20 und ich 23 Jahre alt.
Nachdem ich geheiratet hatte, lebte ich weiterhin in der Stadt. Viele Male lud mein Ehemann meine Eltern ein, bei uns zu wohnen. Aber sie wollten nicht. Sie sagten, dass sie, wenn sie das Dorf verließen, nicht wüssten, was sie tun sollten. Mein Bruder stimmte ihnen zu. Er sagte: ‚Schwesterchen, kümmere du dich um deine Schwiegereltern. Ich passe hier auf Mama und Papa auf.‘
Mein Ehemann wurde Direktor seiner Fabrik. Wir baten meinen Bruder, Wartungsmananger zu werden. Aber mein Bruder lehnte das Angebot ab. Stattdessen stimmte er zu, zunächst als Handwerker dort zu arbeiten. Eines Tages, als er auf einer Leiter stand, um ein Kabel zu reparieren, bekam er einen Stromschlag und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Mein Ehemann und ich besuchten ihn dort. Als ich den Gipsverband an seinem Bein sah, meckerte ich: ‚Warum hast du damals das Angebot nicht angenommen, Manager zu werden? Manager müssen keine so gefährliche Arbeit machen. Jetzt sieh dich an: Du hast eine ernsthafte Verletzung. Warum hast du nicht auf uns gehört?‘
Mit einem ernsten Gesichtsausdruck verteidigte er seine Entscheidung. ‚Denk an deinen Ehemann. Er ist gerade Direktor geworden. Wenn ich, so ungebildet, ein Manager geworden wäre, was für Gerüchte hätte es dann gegeben?‘ Die Augen meines Ehemanns füllten sich mit Tränen, und ich sagte: ‚Aber du bist nur meinetwegen ungebildet!‘ ‚Warum redest du immer über die Vergangenheit?‘, sagte er und hielt meine Hand. In diesem Jahr war er 26 und ich 29 Jahre alt.
Er war 30 Jahre alt
Mein Bruder war 30 Jahre alt, als er ein Bauernmädchen aus dem Dorf heiratete. Während der Trauung fragte der Zeremonienmeister ihn: ‚Wer ist die Person, die du am meisten respektierst und liebst?‘ Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, antwortete mein Bruder: ‚Meine Schwester.‘ Er erzählte dann eine Geschichte, an die ich mich nicht mal erinnerte. ‚Als ich zur Grundschule ging, war die Schule in einem anderen Dorf. Jeden Tag mussten meine Schwester und ich 2 Stunden zur Schule und wieder zurücklaufen. Eines Tages verlor ich meine Handschuhe. Meine Schwester gab mir einen von ihren.‘
Sie hatte nur einen Handschuh, musste aber noch weiter laufen. Als wir nach Hause kamen, zitterte ihre Hand wegen des kalten Wetters. Sie konnte nicht mal mehr ihr Besteck halten. Von diesem Tag an schwor ich mir, immer auf meine Schwester aufzupassen und gut zu ihr zu sein, solange ich lebte.‘ Applaus füllte den Raum. Alle Gäste standen auf und sahen mich an. Ich konnte kaum sprechen: ‚Wenn ich einem Menschen etwas zu verdanken habe, ist es mein Bruder.‘ In diesem glücklichen Moment flossen Tränen über mein Gesicht.
Liebe und kümmere dich um den, den du liebst, jeden Tag deines Lebens. Du wirst glauben, dass das, was du tust, nur Kleinigkeiten sind, aber diesem Menschen bedeutet es unglaublich viel.“
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Unglaublich, wie nah Bruder und Schwester einander stehen können. Eine schöne Geschichte, die zeigt, dass man nicht viel Materielles im Leben braucht, um glücklich zu sein. Das Wichtigste ist ein Mensch an deiner Seite, der gut zu dir ist.
Vorschaubilder: ©Midjourney / Dieses Bild wurde mit der Unterstützung einer KI erstellt