Im Oktober 2016 alarmierte ein Passant in der kleinen Stadt Hope, im US-Bundesstaat Indiana, die Polizei, weil er in einem Auto auf einem Supermarktparkplatz eine bewusstlose Frau entdeckt hat. Nur wenige Minuten später trafen die Beamten und Rettungssanitäter ein. Als sie jedoch die Fahrertür des Autos öffneten, bot sich ihnen ein Anblick, den sie niemals vergessen sollten:
Hinter dem Steuer saß eine völlig weggetretene Frau mit angelehntem Kopf und offen stehendem Mund, in der schlaffen linken Hand hielt sie eine leere Spritze, während auf dem Rücksitz des Wagens ihr kleines Baby bitterlich weinte. Völlig schockiert und überrascht von der Situation hielten die Helfer eine Sekunde inne, in der ein Polizist ein Foto schoss.
Es war offensichtlich, dass die Frau sich kurz zuvor Heroin injiziert hatte. Sofort begannen die Sanitäter mit der Erstversorgung und brachten sie anschließend ins Krankenhaus. Dort musste sie sogar wiederbelebt werden.
Nachdem ihr Zustand sich stabilisiert hatte, wurde die 25-jährige Erika Hurt direkt ins Gefängnis gebracht: Die junge Mutter wurde wegen unerlaubtem Drogenbesitzes und Kindesvernachlässigung angeklagt.
Während Erika hinter Gittern auf ihre Verhandlung wartete, sah sie plötzlich ein Foto von sich in den Abendnachrichten. Im ersten Moment konnte sie nicht fassen, dass sie in dieser Situation fotografiert wurde.
„Sie zeigten mich und meine Drogensucht der ganzen Welt.“ Erika war wegen dieser öffentlichen Bloßstellung unendlich wütend.
„Ich war so verletzt und verlegen. Ich hatte keine Ahnung, dass das Bild überhaupt gemacht worden war. Aber gleichzeitig hat es mir die Augen geöffnet, mich so zu sehen.“
Bereits mit 15 Jahren kam Erika mit Drogen in Kontakt. Sie hatte eine schwere Infektion, wegen der sie starke Schmerzmittel nahm. Schnell wurde sie von den Tabletten abhängig und ihr Körper verlangte nach mehr, bis sie sich schließlich das erste Mal Heroin spritzte.
Während ihrer Schwangerschaft schaffte Erika es jedoch, clean zu bleiben. Auch nach der Geburt versuchte sie, sich von den Drogen fernzuhalten — leider ohne Erfolg. Im Oktober 2016 kaufte sie wieder Heroin. Am folgenden Tag fuhr sie mit ihrem Sohn Parker im Auto auf einen Supermarktparkplatz und setzte sich den „Schuss“.
„Ich rechtfertigte es vor mir mit den Worten: Er ist so jung, er wird keine Ahnung haben, was vor sich geht, er wird es nicht wissen, selbst wenn er es sieht“, erinnert sich Erika beschämt.
Als sie in der Gefängniszelle sitzend ihr Foto in den Nachrichten sah, machte ihr eigener Anblick sie sprachlos. Ihr wurde schlagartig bewusst, was sie getan hatte und auf welch schrecklichem Weg sie sich befand. Sie schämte sich und beschloss, fortan keine Drogen mehr zu nehmen.
Erikas Weg in ein normales Leben ist jedoch lang. Sie wurde zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe verurteilt, die sie zunächst zu einer stationären Behandlung verpflichtete, in der sie einen Entzug machte.
Seitdem darf sie den Rest ihrer Strafe unter Arrest bei ihrem Sohn und ihrer Mutter verbringen, die vorerst das Sorgerecht für den Jungen hat. Trotz der Einschränkungen hält Erika tapfer durch und feierte vor wenigen Tagen stolz ihre einjährige Drogenabstinenz. Sie hat ihr Leben nun fest im Griff und geht wieder arbeiten.
Noch heute besucht Erika regelmäßig gerichtlich angeordnete Rehabilitations- und Selbsthilfesitzungen. Sie empfindet diese Treffen jedoch nicht als Last, weil sie weiß, dass ihr der Austausch mit anderen Menschen hilft, ihr die Kraft gibt, die sie braucht, um nie mehr in einem Teufelskreis aus Drogen gefangen zu sein.
Rückblickend ist Erika sogar froh darüber, dass der Polizist sie fotografiert hat: „Am jetzigen Punkt in meinem Leben, denke ich, dass es gut war, das Foto aufzunehmen, denn jetzt kann ich zurückblicken und sehen, wer ich war und wozu das geführt hat.“
Für ihre Zukunft plant Erika, das Sorgerecht für Parker zurückzubekommen, denn das Einzige, was sie sein will, ist eine gute Mutter.