Medizin war lange Zeit eine reine Männerdomäne. Dass die weisen Herren der Schöpfung von weiblicher Anatomie keinen Schimmer hatten, hinderte sie nicht daran, die seltsamsten Theorien in die Welt zu setzen. Über die verrückten Mythen und Irrglauben, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert über den weiblichen Körper kursierten, kann man heute nur noch den Kopf schütteln.
„Alles an der Frau ist ein Rätsel“, schrieb einst Friedrich Nietzsche. Dass nicht nur Philosophen, sondern auch Mediziner mächtig auf dem Schlauch standen, wenn es um den weiblichen Körper ging, merkt man an den absurden Theorien, die früher über den Körper der „besseren Hälfte“ kursierten. Vorhang auf für die Top 13 der verrückten Körper-Mythen:
1. Frauen können nur durch den männlichen Samen einen Orgasmus haben
Typisch Männer: Natürlich denken die feinen Herren, dass ohne sie nichts läuft. Tatsächlich ist der weibliche Orgasmus auch heute teilweise noch ein Mysterium, doch so viel ist sicher: Frau kann auch ohne männlichen Geschlechtspartner zum Höhepunkt kommen.
2. Der weibliche Orgasmus ist das Pulsieren der Gebärmutter
Und wie kommt der weibliche Orgasmus zustande? Natürlich durch ein Pulsieren der Gebärmutter beim Geschlechtsakt – so die Theorie von James Ashton, eines britischen Malers des 19. Jahrhunderts. Wäre der Maestro mal lieber bei seinen Bildern geblieben …
3. Unregelmäßige Monatsblutungen können zum Tod führen
Unregelmäßige Menstruation kann viele Ursachen haben, doch eins ist sicher: Lebensbedrohlich ist eine ausbleibende Monatsblutung nicht. Zu gegenteiliger Auffassung kam allerdings Orson Fowler – ein US-amerikanischer Arzt, der auf „Phrenologie“ (Gesichtsvermessung) spezialisiert war. Fowler vertrat die Theorie, dass eine ausbleibende Periode einen Blutstau in den Organen bewirken und somit zum Tode führen könne.
4. Hysterie und Melancholie werden durch falsche Menstruation verursacht
Apropos Menstruation: Ob die Regel regelmäßig kommt, hätten Frauen selbst in der Hand – so die gängige Meinung im 19. Jahrhundert. Es galt als gesichert, dass zu viele kühle Getränke oder kalte Bäder zu einer unregelmäßigen oder besonders schmerzhaften Periode führen könnten. Auch Gemütsschwankungen wie Hysterie und Melancholie wurden dem „falschen Menstruieren“ zugeschrieben.
5. Ammoniak ist das Mittel der Wahl für die weibliche Hygiene
Gelegentliche Bäder mit Seife galten im Viktorianischen Zeitalter als nicht ausreichend für die weibliche Hygiene. Für die ultimative Reinheit empfahl man das Baden in und sogar das Inhalieren von Ammoniak. Die Duschen mit der ätzenden Chemikalie sorgten zwar für den begehrten blassen Teint, führten aber auch zu Haarausfall sowie zu Nerven- und Nierenschäden.
6. Sommersprossen sind Hautunreinheiten
Blasse Haut war im 19. Jahrhundert das Nonplusultra. Im Umkehrschluss galten Muttermale und Sommersprossen als Unreinheiten, die mit Säure und UV-Strahlung behandelt werden mussten. Die „Strahlentherapie“ sah übrigens so aus, dass der Patientin ausgiebige Sonnenbäder verordnet wurden, und tatsächlich: Der daraus resultierende Sonnenbrand überdeckte die verhassten Pigmentpünktchen wenigstens für einige Zeit.
7. Den perfekten Busen bekommt Frau durch Kaltwasserkur
Eine hängende Brust galt auch damals nicht als schön. Doch statt eine Diät oder gar Sport zu verordnen, riet man Frauen dazu, sich die Brüste regelmäßig mit eiskaltem Wasser einzureiben. Immerhin: Die hautstraffende Wirkung von Kaltwasserkuren wird auch heute noch gepriesen, aber der große Effekt auf die Oberweite dürfte trotzdem ausbleiben.
8. Frauen, die beim Sex nicht auf dem Rücken liegen, werden krank
Wie bei vielen Dingen galt auch beim Sex für Frauen das Motto: „Wenn es Spaß macht, machst du es falsch.“ Frauen hatten beim Geschlechtsakt passiv auf dem Rücken zu liegen und sich gefälligst nicht zu rühren. Alles andere als die „Missionarsstellung“, so der medizinische Konsens, könne zu Krankheiten führen.
9. Coitus interruptus verursacht Geschlechtskrankheiten
Nicht nur die falsche Stellung oder Bewegung beim Sex sollten gemieden werden: Auch das Unterbrechen des Geschlechtsaktes im entscheidenden Moment galt als hochriskant. Im schlimmsten Fall könne sich die Gebärmutter entzünden, wenn der Mann sein Geschlechtsteil vor dem Samenerguss herauszöge.
10. Frauen sollen untätig sein und nicht zu viel denken, um dick zu werden
Im Gegensatz zur heutigen Zeit galten wohlgenährte Frauen damals als schön. Damit das kostbare Hüftgold nicht unerwünscht purzelte, sollte eine echte Dame sich bloß nicht zu viel bewegen oder ihre grauen Zellen anstrengen. Schließlich verbraucht auch Denken wertvolle Kalorien.
11. Schlanker Körper und flache Brust deuten auf Krankheit hin
Die schlanken, sportlichen Damen, die uns heutzutage überall in der Werbung begegnen, hätte man damals zum Arzt geschickt. Mollige Frauen waren nicht nur das Schönheits-, sondern auch das Gesundheitsideal, und wer von dieser Norm abwich, galt als arm oder krank.
12. Wollen Frauen abnehmen, müssen sie einen Bandwurm schlucken
Auch wenn Übergewicht kein ästhetisches Problem war, war es dennoch ein gesundheitliches. Körperliche Bewegung, Diät oder gar harte Arbeit kamen wohlhabenden Frauen nicht in die Tüte, also griffen einige Damen zu drastischen Mitteln und schluckten einen Bandwurm. Der Parasitenbefall ließ die Pfunde zwar purzeln, konnte aber im gleichen Zuge zu diversen Komplikationen – auch mit Todesfolge – führen.
13. Rohes Fleisch hilft gegen Falten und Runzeln
Anders als der „Dick-ist-schick“-Trend galten Falten auch damals schon als unschön. Doch anstatt faltige und runzelige Haut mit Cremes und Salben zu behandeln, setzte man auf eine Gesichtsmaske aus rohem Fleisch. Frauen banden sich also Fleischscheiben ins Gesicht – in der Hoffnung, das Fett aus dem Fleisch möge in das erschlaffte Gewebe im Gesicht übergehen.
Puh, wenn man das liest, kann man nur froh sein, im Hier und Jetzt zu leben. Zwar gibt es auch heute noch ungesunde Trends und schräge Schönheitsideale, aber wenigstens gehören Bandwurmkuren und Säurebäder der Vergangenheit an.