Im Jahr 2002 begeht die 13-jährige Alicia aus Pittsburgh (USA) den schlimmsten Fehler ihres Lebens. Es begann ganz harmlos vor 9 Monaten. Vor knapp einem Jahr hat Alicias Bruder seine Schwester an das Internet und Online-Spiele herangeführt. Sie entdeckt das Internet schnell für sich, um mit den anderen Jugendlichen von ihrer Schule zu spielen und zu chatten.
Wikipedia/Rattlenoun/Alicia 13 in front of computer/CC BY-SA 4.0
Über einen Freund lernt sie bald online einen Jungen im gleichen Alter kennen. Sie haben die gleichen Interessen und schon bald wird er einer ihrer besten Freunde. Mit ihm kann sie reden, sich Rat holen und sich über Dinge beschweren, die sie im Alltag nerven. Sie ist richtig froh, denn ohne das Internet hätte sie ihn nie getroffen.
Am 1. Januar 2002 ist es dann soweit: Alicia sitzt zu Hause mit ihrer Familie. Ihre Mutter hat ein leckeres Mahl gekocht und alle sitzen zusammen beim Essen: Alicias Vater, Bruder, dessen Freundin und ihre Mutter. Normalerweise hat Alicia diesen Feiertag immer genossen, doch sie weiß nicht, dass dies ihre letzte unschuldige Kindheitserinnerung sein wird. Kurz vor dem Nachtisch sagt Alicia, dass sie sich unwohl fühlt und sich gerne hinlegen möchte. Doch stattdessen schleicht sie sich aus dem Haus um den Jungen zu treffen, den sie im Internet kennengelernt hat.
Früher hätte Alicia so etwas nie getan. Sie hätte sich niemals aus dem Haus geschlichen. Sie mag weder Kälte noch die Dunkelheit. Als sie die Straße herunter läuft, kommen ihr auch kurz Zweifel. „Was machst du eigentlich hier? Das ist gefährlich und du solltest nach Hause gehen“ – diese Gedanken schwirren ihr durch den Kopf. Doch gerade als sie sich umdrehen will, hört sie, wie jemand ihren Namen ruft. Das Nächste, an das sie sich erinnert, ist, dass sie mit einem fremden Mann im Auto sitzt. Der Mann ist kein Junge in ihrem Alter und Alicia hat Angst.
Wikipedia/ U.S. Federal Government/Missing poster Alicia Kozakiewicz/PD
Was nun folgt, ist extrem verstörend.
Der Mann fährt Alicia quer durch das Land, 5 Stunden lang, von Pennsylvania bis nach Virginia. Er zerrt sie in seinen Keller, zieht ihr die Kleidung aus und kettet sie mit einem verschließbaren Hundehalsband am Boden fest. Unheimlich gefasst schaut er Alicia an und sagt: „Das wird ganz schön hart für dich werden. Es ist in Ordnung, wenn du weinst.“ Dann vergewaltigt, schlägt und foltert er das Mädchen.
4 Tage lang dauert diese Marter. Immer wieder missbraucht ihr Entführer sie, filmt seine Taten und stellt die Videos ins Internet. Doch genau das rettet Alicia das Leben: Ein Zuschauer (ja, ein anderer Mann, der nach Kinderpornographie sucht) erkennt Alicia von einer Vermisstenanzeige. Er ruft bei der Polizei an und meldet die IP-Adresse und den Nutzernamen von Alicias Entführer. Das reicht, um den Täter ausfindig zu machen und die Polizei stürmt das Haus und verhaftet den Entführer.
Alicia ist frei, doch es dauert einige Zeit, bis sie diese Tage verwunden hat. Mit 14 Beginnt Alicia schließlich, ihre Geschichte zu erzählen. Sie spricht oft und offen über den Missbrauch und über ihren Peiniger. Sie reist von Schule zu Schule und hält Vorträge über die Gefahren des Internets und darüber, wie Pädophile sich das Vertrauen von Kindern erschleichen. Auch heute ist es ihr ein wichtiges Anliegen, das Internet sicherer für Kinder zu machen. Sie setzt sich für vermisste Kinder und Jugendliche ein und hat die Stiftung Projekt Alicia ins Leben gerufen, die Bewusstsein schafft.
Alicia erklärt bereitwillig, dass es lange dauerte, bis sie wieder Vertrauen fassen konnte. Es war sehr schwierig, neue Beziehungen aufzubauen und jede persönliche Beziehung war unglaublich schwierig. Doch zum Glück hat diese furchtbare Kindheit ein gutes Ende. Im Juli diesen Jahres wird sie nun ihren Freund heiraten, der ihr dabei geholfen hat, ihre furchtbare Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Und um das Ganze abzurunden, haben sie einen ganz speziellen Tag für die Hochzeit ausgesucht – Den Tag nach ihrem Abschluss! Im Moment hat Alicia einen Bachelor in Psychologie und im Sommer wird sie ihren Master in Forensischer Psychologie machen.
Was für ein fantastisches Ende für eine furchtbare Jugend. Hoffentlich kann Alicia noch viele weitere Kinder vor solch einem Schicksal bewahren.