Jeanne Louise Calment ging in ihrem Herkunftsland Frankreich in die Geschichtsbücher ein. Aber nicht, weil sie eine Heldentat vollbrachte, sondern weil sie alt wurde. Sehr alt. 122 Jahre, um genau zu sein.
Die Französin lebte von 1875 bis 1997 und war mit stolzen 122 Jahren und 164 Tagen der älteste lebende Mensch, der je dokumentiert wurde. Geboren wurde sie in Arles, Südfrankreich, wo die durchschnittliche Lebensdauer von Frauen zur Zeit ihrer Geburt bei nur 45 Jahren lag. Diese Hürde hat Jeanne in ihrem Leben fast 3 Mal geknackt!
Hier sieht man sie in jungen Jahren:
Jeanne Louise Calment hatte Gute Gene
Einige ihrer nahen Verwandten wurden ebenfalls sehr alt: Ihr Vater wurde 93 Jahre, ihr Bruder sogar 97. Ihre Mutter hingegen verstarb „schon“ im Alter von 86. Jeanne wurde also mit guten Genen ausgestattet, um ein hohes Alter zu erreichen, und sollte alle 1,5 Milliarden Menschen überleben, die zum Zeitpunkt ihrer Geburt die Erde bevölkerten.
Auf folgendem Foto aus dem Jahr 1905 sind Jeannes Eltern zu sehen:
Mit 21 Jahren heiratete die Französin Ferdinand Nicolas Calment, ihren Cousin 2. Grades – sowohl ihre Großväter als auch ihre Großmütter väterlicherseits waren Geschwister. Mit ihm bekam sie ihre einzige Tochter, Yvonne Marie Nicolle Calment, und diese wiederum brachte Jeannes einziges Enkelkind zur Welt.
Da Ferdinand ein sehr wohlhabender Mann war, musste Jeanne quasi keinen einzigen Tag in ihrem Leben arbeiten und konnte ihre Freizeit mit Tennis, Radfahren, Schwimmen oder Klavierspielen verbringen. Kein Stress und viel Bewegung im Freien – die perfekte Kombination für ein gesundes, langes Leben. Tatsächlich behauptet Jeanne, keinen einzigen Tag in ihrem Leben krank gewesen zu sein, und macht ihre Lebensweise dafür verantwortlich.
Viel Olivenöl, Knoblauch und Schokolade habe sie gegessen, aber natürlich habe auch das Gemüse nicht fehlen dürfen. Einige vermuten jedoch, dass ihr tägliches Glas Portwein der Schlüssel für ihr langes Leben gewesen sei, und davon ging auch Jeanne selbst aus. „Ein Glas Wein am Tag, nicht mehr und nicht weniger, denn das hält gesund“, sagte die Französin, als man sie zu ihrer Diät befragte.
Zigaretten als Laster
Was man jedoch nicht nachmachen sollte: Jeanne hat 96 Jahre geraucht und erst im Alter von 119 Jahren komplett damit aufgehört. Sie gehörte anscheinend zu den Glücklichen, die vom Rauchen keine gesundheitlichen Schäden davontrugen.
Mit dem Rauchen hörte sie aber nicht auf, weil sie es als ungesund empfand, sondern weil sie in ihren letzten Lebensjahren blind und taub war und sich die Zigaretten nicht mehr allein anzünden konnte.
Übrigens: Mit 85 Jahren fing Jeanne an zu fechten. Bis sie 100 Jahre alt war, fuhr sie noch mit dem Rad, und bis 110 lebte sie allein. Sie blieb also bis ins hohe Alter agil und trieb Sport, um sich fit und gesund zu halten.
Als es dann mit den sportlichen Aktivitäten nachließ, nahm sie mit 120 kurzerhand eine Techno-CD auf, um vom Gewinn Kleinbusse für ihr Altersheim kaufen zu können. Obwohl sie nie gearbeitet hatte, stellte sie ihre Verkaufsstrategien immer wieder unter Beweis. So auch im Jahre 1965: Nachdem ihre Tochter, ihr Ehemann und zuletzt 1963 ihr einziger Enkel verstorben waren, schloss Jeanne ein Geschäft mit einem Rechtsanwalt ab, da sie niemanden hatte, der sie finanziell unterstützen oder an den sie später mal vererben könnte.
Ausgefuchste Dame
Der 47-jährige Rechtsanwalt bot der Französin 2.500 Francs als monatliche Rente an, wenn er nach Jeannes Tod ihre Wohnung haben dürfe. Da Jeanne zu diesem Zeitpunkt bereits das stolze Alter von 90 Jahren erreicht hatte, schien das dem Mann ein gutes Geschäft zu sein. Nur leider hatte er wohl kaum damit gerechnet, dass die alte Dame noch weitere 32 Jahre leben würde!
Der Rechtsanwalt selbst starb mit 77 Jahren an Krebs, 2 Jahre vor Jeanne, und bekam so niemals die Wohnung, für die er bis zu diesem Zeitpunkt bereits 900.000 Francs bezahlt und so deren doppelten Marktwert weit überschritten hatte. Ein eher unrentables Geschäft für den Anwalt.
Rekord: Der älteste je dokumentierte Mensch
Internationale Bekanntheit erlangte Jeanne erstmals im Alter von 113, als sie davon berichtete, wie sie mit 14 Jahren Vincent van Gogh getroffen hatte, ihn aber als sehr unangenehm empfand. Laut der Französin soll er „unsäglich hässlich, schlecht rasiert und unhöflich“ gewesen sein. Es gibt sogar eine Doku mit dem Titel „Vincent und Ich“, in der Jeanne davon erzählt.
Was ebenfalls faszinierend ist: Sie konnte sich noch an ein Paris ohne den Eiffelturm erinnern. Mit dessen Bau wurde nämlich erst 12 Jahre nach ihrer Geburt begonnen.
Als sie 112 war, verzeichnete sie das Guinness-Buch der Rekorde als älteste lebende Person. Diesen Titel hatte sie in Frankreich schon mit 111 Jahren erhalten, da galt er jedoch nur national. 1995, im Alter von 120, wurde sie dann vom Guinness-Buch zur ältesten Person, die je gelebt hat, ernannt.
Nach ihrem Tod gab es viele Behauptungen, dass Jeannes Rekord gebrochen worden sei, aber keine davon konnte je bewiesen werden. Mittlerweile jedoch sind all die Zweifel um die Glaubhaftigkeit ihres Rekords beseitigt worden, da mithilfe von modernen Standards geprüft und bestätigt wurde, dass sie wirklich die älteste Frau aller Zeiten war.
Glücklicherweise konnte man sogar ihre Geburtsurkunde als ein Beweisstück heranziehen.
Eine unfassbare Geschichte, die sich über ein Jahrhundert erstreckte – von van Gogh über den Bau des Eiffelturms bis zur ausgefuchsten Geschäftsfrau, die bis zuletzt ihr Leben in vollen Zügen genoss und einen Weltrekord brach.
Und für den Fall, dass jetzt jemand plant, Jeannes Rekord zu knacken, weiß er oder sie ja, was zu tun ist: raus das Weinglas, ran an die Schoki und bloß nicht stressen lassen!
Quelle: The New Yorker
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