Die 14-jährige Amy Everett, die liebevoll Dolly genannt wird, wuchs behütet im Kreise ihrer Familie im australischen Katherine auf. Als Model für die berühmte Hutmarke Akubra erlangte sie schon in ihrer frühen Kindheit landesweite Bekanntheit. Trotz des Erfolges ist ihr der Ruhm aber nie zu Kopf gestiegen, ganz im Gegenteil: Sie besuchte weiterhin die Schule, gab in ihrer Freizeit gern Nachhilfe und kümmerte sich leidenschaftlich gern um Tiere.
Ihr Umfeld nahm Dolly stets als liebenswertes, fröhliches Mädchen wahr, das ihr Leben in vollen Zügen genoss. Doch hinter Dollys lächelndem Gesicht, tief in ihrem Inneren, sah es anders aus, denn sie wurde im Internet jahrelang schrecklich beschimpft und erniedrigt: so lange, bis ihr einst so fröhliches Herz in tausend Stücke zerbrach; so lange, bis sie den Schmerz nicht mehr aushielt und sich am 3. Januar 2018 das Leben nahm.
Familie Everett steht nach Dollys Tod bis heute unter Schock. Die Hinterbliebenen können einfach nicht fassen, dass Dolly keinen anderen Ausweg sah, als zu sterben. Doch die bittere Realität wird sie für den Rest ihres Lebens jeden Tag einholen, denn das Mädchen mit den großen, leuchtenden Augen und dem strahlenden Lächeln gibt es nicht mehr.
Dass sich Dolly wegen der schrecklichen Mobbingattacken umbrachte, erschütterte die Familie zutiefst. Dollys Vater, Tick, veröffentlichte auf Facebook berührende Worte über den Selbstmord seiner Tochter: „Ich weiß, viele glauben, Selbstmord sei feige, dabei bin ich mir sicher, dass diese Leute nicht annähernd so viel Stärke haben, wie mein kleiner Engel sie hatte. Dolly hatte die Kraft dafür, das zu tun, was sie tun musste, um dem Bösen in dieser Welt zu entkommen.“
Dollys Familie kämpft jedoch nicht nur mit ihrer Trauer, sondern auch mit ihrer Wut. Wut auf diejenigen, die die unschuldige Seele des Mädchens jahrelang so fürchterlich gequält haben.
Da Mobbing häufig das Resultat jugendlichen Leichtsinns ist, richtete Tick Everett seine Worte direkt an die Täter: „Falls ihr zu den Leuten gehört, die Mobben und permanentes Belästigen für einen Witz halten oder denen es ein Gefühl von Stärke gibt, kommt bitte zur Beerdigung und seht selbst, was ihr angerichtet habt.“
Die Wut der Everetts auf das unaufhörliche Mobbing ist so groß, dass sie beschlossen, andere Menschen vor unzumutbaren Beschimpfungen und Beleidigungen im Netz und damit vor einem Schicksal, wie Dolly es erleiden musste, zu bewahren.
Die Familie startete bereits kurz nach Dollys Tod eine Internetkampagne unter dem Hashtag #stopbullyingnow. Das Ziel dieser Kampagne ist es, auf Mobbing aufmerksam zu machen und Menschen vor Verzweiflungstaten zu bewahren: „Wenn wir damit helfen können, andere wertvolle Leben zu retten, war Dollys Tod nicht umsonst.“ Also „lasst uns Mobbing aufhalten, insbesondere für unsere Kinder. Denn man weiß erst, was man hatte, wenn man es nicht mehr hat.“
Als Symbol für die Kampagne steht eine Zeichnung, die Dolly kurz vor ihrem Suizid angefertigt hat. Das Bild zeigt eine Ballerina beim Dehnen; hinter ihr stehen die Worte „Sprich, auch wenn deine Stimme zittert.“ Für die Everetts ist es das traurige, aber perfekte Motto ihrer Kampagne: „Diese kraftvolle Aussage ist ein Zeichen für den dunklen, schrecklichen Ort, an den unser wunderschöner Engel reisen musste.“
Dollys Familie will mit diesen eindringlichen Worten nicht nur Mobbingopfer ermutigen, sich Hilfe zu holen und sich gegen die Hetze zu wehren, sondern auch erreichen, dass Außenstehende, die Zeuge von Mobbingattacken werden, dagegen intervenieren.
Die Kampagne wird sogar von Dollys ehemaligem Auftraggeber Akubra unterstützt: „Mobbing jeglicher Art ist inakzeptabel. Es ist unsere Aufgabe, etwas dagegen zu unternehmen. Dolly könnte jedermanns Tochter, Schwester oder Freundin sein.“ Mit dieser Hilfe wurde die Kampagne schnell nicht nur landesweit, sondern auch international bekannt und wird so hoffentlich vielen Menschen helfen und dafür sorgen, dass sie ihr Leben wieder in vollen Zügen genießen können.
Dolly hätte genau diese Unterstützung gebraucht, um den Mut zu finden, sich ihren Kummer von der Seele zu reden. Die Kampagne der Familie Everett ist ganz sicher im Sinne des einst so hilfsbereiten Mädchens, denn so war dieser viel zu frühe Tod wenigstens nicht völlig umsonst.