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Sie sind sich nie im Leben begegnet, dennoch teilten Andy Sandness und Calen Ross viele Gemeinsamkeiten, im Guten wie im Schlechten. Und ihr beider Schicksal wurde auf außergewöhnliche Art und Weise miteinander verknüpft: Beide liebten die Wildnis, mochten Hunde und gingen gerne fischen und auf die Jagd. Aber beide kämpften auch mit ihren inneren Dämonen.
Denn Andy (im Bild oben) und Calen waren schwer depressiv und wollten sich mit nur 21 Jahren das Leben nehmen. Obwohl Calen und seine Frau Lilly gerade ihr erstes Kind erwarteten, beging er im Sommer vergangenen Jahres Selbstmord, indem er sich mit seinem Gewehr erschoss.
Auch Andy wollte seinem Leben mit einem Gewehr ein Ende setzen, jedoch nahm sein Suizidversuch eine ungeahnte Wendung. Der heute 32-Jährige versuchte bereits 2006, wenige Tage vor Weihnachten, sich zu erschießen. Er überlebte schwer verletzt, hatte sich aber das halbe Gesicht weggeschossen.
Er verlor seine Nase sowie fast die komplette untere Gesichtshälfte. Erst nach acht Operationen war Andy wieder so weit hergestellt, dass er das Krankenhaus verlassen konnte. Das Loch, wo einst seine Nase war, wurde nun von einer schlecht sitzenden Nasenprothese kaschiert. Was von seinem Mund übrig blieb, war kaum größer als ein 50-Cent-Stück.
Aufgrund seines entstellten Äußeren mied es Andy, unter Menschen zu gehen. Er scheute den Kontakt zu Kindern, weil er sie nicht erschrecken oder sich ihrem Spott aussetzen wollte. Andy zog sich vermehrt in die Einsamkeit der freien Natur zurück.
Doch Calens vollendeter Suizid zehn Jahre später bescherte Andy neue Hoffnung. Denn Calen war Organspender und nach Absprache mit seiner Witwe bot sich für Andy die Möglichkeit einer Gesichtstransplantation.
In einer aufwendigen und hochkomplizierten Operation, die 56 Stunden dauerte und an der ein mehrköpfiges Chirurgenteam beteiligt war, wurde Andy im Grunde der komplette untere Teil von Calens Kopf eingesetzt.
Die Transplantation umfasste die Nase, das Jochbein, den Ober- und Unterkiefer, das Kinn, die Lippen, die Wangen und sogar die Zähne. Zudem musste natürlich sichergestellt werden, die Muskeln und Nerven korrekt miteinander zu verbinden.
Drei Wochen nach der OP durfte Andy einen ersten Blick in den Spiegel werfen. Obwohl die Schwellungen noch nicht abgeklungen waren, fiel sein Fazit eindeutig aus: „Jenseits meiner Erwartungen.“
Es folgte eine monatelange Sprach- und Bewegungstherapie. Außerdem wird Andy für den Rest seines Lebens Medikamente nehmen müssen, damit sein Körper das Gesicht nicht abstößt.
Mittlerweile nahm auch Calens Familie Kontakt mit Andy auf, damit er seinen Spender besser kennenlernen kann. Andy freut sich, dass er mit seinen Hobbys in gewisser Weise auch Calens Interessen fortführen kann.
Darüber hinaus ist Calens Witwe Lilly stolz darauf, ihrem Sohn zeigen zu können, dass aus der Tat seines Vaters doch noch etwas Positives erwachsen konnte. Denn das Ergebnis acht Monate nach dem Eingriff ist überwältigend.
Die ganze Geschichte von Andy und seiner unfassbaren Gesichtstransplantation kannst du dir hier im Video (auf Englisch) noch einmal anschauen:
Andys Geschichte beeindruckt nicht nur durch die Möglichkeiten der modernen Medizin, sondern auch durch die Umstände, die zwei Tragödien miteinander verbanden.