Felix Alexander aus Worcester in England ist erst 17 Jahre alt, als er sich im April 2016 vor einen Zug wirft und stirbt. Der schüchterne Junge sieht für sich keinen anderen Ausweg mehr, sein Leben ist über die letzten sieben Jahre zu einer nicht endenden Tortur geworden.
Seine Qual begann im Jahr 2009, als Felix auf dem Hof der prestigeträchtigen King’s School in Worcester zugab, dass seine Eltern ihm nicht erlaubten, das Videospiel „Call of Duty: Modern Warfare 2“ zu spielen. Der Auslöser war nichtig, die Folgen jedoch fatal. Felix wird von seinen Mitschülern erst gehänselt, dann isoliert, dann – vor allem online – in den letzten drei Jahren immer erbarmungsloser gemobbt, bis er schließlich jeden Lebenswillen verliert. Er schafft es nicht, die ständigen Erniedrigungen und Schmähungen zu ignorieren, und über sein Handy wird er sogar unterwegs mit Beschimpfungen gequält.
Nach seinem Suizid wendet sich seine Mutter Lucy Alexander in einem verzweifelten Brief an die Öffentlichkeit. Sie will, dass jeder weiß, was ihren Sohn getötet hat, und dass jeder die Möglichkeit und die Pflicht hat, einzuschreiten und zu verhindern, dass Mobbing weitere Opfer fordert.
Sie schreibt Folgendes:
„Am 27. April 2016 nahm sich unser wunderbarer, 17 Jahre alter Sohn das Leben. Er entschied sich dazu, weil er keinen andern Ausweg mehr sah. Sein Selbstwertgefühl ist über einen langen Zeitraum hinweg von dem Mobbing ausgelöscht worden, das er in der weiterführenden Schule erlebte.
Es begann mit Unfreundlichkeit und sozialer Isolation, und mit Hilfe von Social Media wurde es grausam und erdrückend. Menschen, die Felix noch nie getroffen hatten, beschimpften ihn über Social-Media-Kanäle. Er konnte keine Freunde finden oder behalten, denn es war schwierig, sich mit dem ‚meistgehassten‘ Jungen der Schule anzufreunden.
Seine schulischen Leistungen litten, die Schule wurde ihm eine tägliche Qual. In der 6. Klasse wechselte er die Schule, etwas, das er zuvor nicht hatte tun wollen. Obwohl er sehr unglücklich war, hatte er auch große Angst vor dem Unbekannten und war sich sicher, dass eine neue Schule keinen Unterschied machen würde, weil er sich so wertlos fühlte.
Er fand Freunde an der neuen Schule, und die Lehrer fanden ihn klug, freundlich und warmherzig. Aber er war von den seelischen Misshandlungen und der Isolation bereits so schwer verletzt, dass er unfähig war zu sehen, wie vielen Menschen er wirklich wichtig war.
Ich schreibe diesen Brief nicht, um Mitleid zu erheischen, sondern, weil es so viele Kinder wie Felix gibt und wir uns bewusst werden müssen, in welch grausamer Welt wir leben. Ich will Kinder bitten, IMMER freundlich zu sein und nie einfach danebenzustehen und Mobbing geschehen zu lassen.
Sei du die eine Person, die sich der Grausamkeit entgegenstellt. Du wirst es nie bereuen, ein guter Freund zu sein. Man hat mir gesagt, dass ‚jeder auf Social Media mal etwas sagt, das er nicht so meint‘. Grausamkeit wird als ‚Geplänkel‘ abgetan, und weil sie online nicht sehen können, welche Wirkung ihre Worte haben, glauben sie nicht, dass sie überhaupt eine haben.
Nicht alle Kinder machen sich des Online-Mobbings schuldig, aber viele ermöglichen anderen die Quälereien. Sie tun dies, indem sie nichts sagen, indem sie dem gequälten Kind nicht helfen, und das bestätigt den Mobber in seinem Tun.
Ich muss an die Lehrer appellieren, auf Anzeichen von Mobbing zu achten. Schlechte Noten und problematisches Verhalten können ein Signal sein, dass ein Kind um Hilfe ruft. Hört den Eltern zu, wenn sie von Problemen berichten, und schaut genau auf das Sozialverhalten der Kinder.
Zum Schluss muss ich mich an die Eltern wenden. Bitte schaut darauf, was eure Kinder online tun. Findet heraus, auf welchen Plattformen sie unterwegs sind, und stellt sicher, dass sie dort freundlich zu anderen sind. Wir wollen nicht glauben, dass UNSERE Kinder grausam sein könnten, aber ich war schockiert von den ’netten‘ Kindern, die für Felix‘ Qual verantwortlich waren.
Es ist zu vereinfachend zu sagen: ‚Warum blockst du sie nicht einfach? Du musst das nicht lesen!‘ Das ist die Art, auf die junge Leute heute kommunizieren, und viele verlieren tatsächlich die Fähigkeit der direkten und persönlichen Kommunikation.
Ein paar Mal haben wir alle Formen von Social Media für Felix entfernt, weil es ihm so großen Kummer bereitete. Aber das isolierte ihn nur noch mehr, und für ihn fühlte es sich nicht wie Schutz, sondern wie eine Strafe an.
Achtet auf die Twitter-, Instagram-, Snapchat-, Googlechat- und Facebook-Accounts eurer Kinder. Helft ihnen zu verstehen, dass sie nichts schreiben sollen, was sie nicht selbst würden lesen wollen. Helft ihnen, sich selbst zu korrigieren, bevor sie etwas veröffentlichen.
Wir haben eine kollektive Verantwortung: nämlich zu verhindern, dass noch mehr junge Leben an Grausamkeit und Mobbing verloren werden. Bitte seid immer freundlich zueinander, denn ihr wisst nie, wie es in jemandes Herzen aussieht. Unser Leben wurde durch den Verlust unseres wunderbaren Sohnes unwiderruflich zerstört, bitte lasst nicht zu, dass das einer anderen Familie auch passiert.“
Für Felix ist es zu spät, ihn haben seine Peiniger so sehr verletzt, dass sogar seine Eltern ihm keinen Halt mehr geben konnten. Für viele andere können Lucys Worte jedoch noch rechtzeitig kommen.